Der Schwarze Stein von Bargen

Der schweizerisch-deutsche Grenzverlauf im Bargemer Randen gilt wegen der bizarren Form und dem wechselnden Verlauf als kompliziert. Ihr äusserster nördlichster Punkt ist der Schwarze Stein. Forum Z. wollte mehr wissen und begab sich vor Ort auf Spurensuche.

19.05.2020, Roman Dörr, Zollexperte, Zollinspektorat Pratteln

Nur wenige Kilometer von Schaffhausen entfernt liegt der Bargemer Randen. Seine sanften Hügel bilden die nördlichste Grenze der Schweiz zu Deutschland. Kaum jemand würde vermuten, dass in dieser menschenarmen Gegend eine Landesgrenze mit Ecken und Kanten verläuft.

Mehrmals hat Schaffhausen versucht, die durch geschichtliche Ereignisse geformten Grenzlinien durch verschiedene Landkäufe und -abtausche zu begradigen. Das geschah letztmals 1966: Ein Gebietstausch ermöglichte den Bau der Autostrasse A4 im Hoftal und der Zollstelle Bargen auf Schweizer Boden. Trotz dieser Korrekturen ist der Grenzverlauf bis heute teilweise unübersichtlich geblieben.

Dorf Bargen
Das Dorf Bargen im Kanton Schaffhausen.
© Roman Dörr, EZV
Bargemer Randen
Der Randen – die nördlichste Ecke der Schweiz.
© Roman Dörr, EZV

Der Schwarze Stein

Die nördlichste Ecke der Schweiz bildet der Schwarze Stein, der im Volksmund auch «Schwarze Staa» oder «Gatter-Stein» genannt wird. Er markiert oberhalb von Bargen, auf einer Höhe von 821 m. ü. M., die Grenzspitze zu Deutschland. Äusserlich unterscheidet er sich nicht von anderen Grenzsteinen. Seine Farbe ist jedoch nicht schwarz, sondern grau. Schwarz war vielmehr die Zukunft jener Straftäter, welche einst vom Scharfrichter des Stadtstaates Schaffhausen dorthin geführt wurden. Hier hatte der Henker den Verurteilten vor einer Freilassung zu eröffnen, dass sie, wenn sie sich in Schaffhausen nochmals blicken liessen, auf der Stelle geköpft oder gehenkt würden. Alte Flurnamen der Umgebung, beispielsweise die Henkerseiche (von den deutschen Nachbarn auch «Stumpeneiche» genannt) und der Richtplatz, zeugen noch von dieser mittelalterlichen Strafpraxis.

Der Schwarze Stein ist wie folgt beschriftet: Auf seiner Nordseite stehen die Buchstaben GB, Grossherzogtum Baden, darunter E für Epfenhofen. Die Ostseite ist mit der Jahreszahl der Grenzbereinigung behauen, 1839. Die Buchstabenkombination C S und B auf der Südseite bedeuten Canton Schaffhausen, Bargen. Und auf der Westseite steht schliesslich die fortlaufende Nummer: 593. Auf der Oberfläche des Steins ist der Grenzverlauf eingekerbt.

Schwarzer Stein
Der Schwarze Stein.
© Roman Dörr, EZV

Der Stein ist weg!

Am 16. Juni 1998 ging bei der Grenzwache die Meldung ein, der Schwarze Stein sei beschädigt worden. Ein Landwirtschaftsfahrzeug hatte ihn bei Feldarbeiten offenbar touchiert und einen Teil abgeschlagen. Die Grenzwächter meldeten den Schaden den deutschen Kollegen in Neuhaus. Doch als sie den Grenzstein bergen wollten, war er weg. Die Bevölkerung bekam davon zunächst nichts mit. Aber die Presse erhielt Wind von der Geschichte und suchte ihrerseits den Stein. Schon bald waren die Schuldigen gefunden: Das Corpus Delicti sei beim Schweizer Zoll in Bargen. Da sich die Meldung als falsch herausstellte, fahndeten die Vermessungsämter und die Zollbehörden beider Länder danach. Vergeblich! Ein paar Wochen später wurde der Stein aufgefunden: Der damalige Vorsteher des deutschen Zollamts Neuhaus hatte ihn eingelagert, um zu verhindern, dass er gestohlen würde.

Darauf wurde der Schwarze Stein repariert und neu platziert. Heute befindet sich dort eine Schautafel zur Grenzgeschichte und gleich nebenan ein Rastplatz mit Feuerstelle.  

Eines ist sicher: Die nördlichste Ecke der Schweiz hält für Besucher zahlreiche Überraschungen bereit, die entdeckt werden wollen.  

Schwarzer Stein
Der Schwarze Stein in der Landschaft am Randen.
© Roman Dörr, EZV
Rastplatz beim Schwarzen Stein
Die Schautafel und der Rastplatz beim Schwarzen Stein.
© Roman Dörr, EZV
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